Sonntag, 22. März 2020

Ätsch, spricht der Herr Solminore, nun gibt es statt Distichen diese.    Bleibt er den Fasti auch treu, nötigen läßt er sich nicht!


Wenn erst der Sternenfuß tief in den Brunnen steigt, auf Zehen Spitz der Mond lockend an Scheiben schlägt,   will ich den Windkrug fort ins Helle     tragen, zum Zelt deiner fernen Augen.

Lange im Winterschlaf ruhten die Knie uns, tollkühn von Dunkelheit schwärzte das Haus der Docht.   Grübelt die Tür noch über Fernen,     leert sich das Glas, wo du trankst, von Lippen.

Noch stehn die Häuser leer, alle, des kahlen Jahrs. Kein Zimmer weiß noch, wie, wenn du mich küßt, es braust.   wie, wenn die Tür du schließt und da bist,     Lampe und Fenster und Licht sich umdrehn.

Was mir dein Kuß daließ, Feuchtes der letzten Nacht, wie mich vor Jahr und Tag labte dein nasser Mund,   zeigten die Spinnen mir im Spiegel,     wärmte um hundertstel Grad die Stürme.

Wenn erst nur weicher ruht Schatten vom Uhrenturm; wenn erst der Weg sich schält, abwirft die alte Haut,   schaff ich ein Fensterglas aus Blicken,     beicht ich dem Schloß meiner Liebe Namen.

Wenn dann das Zwielicht prägt Vögel in weiche Nacht. Finger am Quellengrund lösen vom Tag den Bann:   Komm, wenn das Licht enthüllt die Ströme,     deute mir's Lächeln des Finks im Winkel.





Mittwoch, 18. März 2020

Sterben von Hunden zuerst und von Vögeln und Schafen und Rindern, Sterben von Wild auch anzeigt die plötzliche Wirkung der Seuche. Fassungslos sieht die starken Stiere kippen der Landmann, und wie plötzlich beim Werk sie sich krümmen inmitten der Furche. Jämmerlich blöken die wolletragenden Herden der Schafe, ganz ohne Schur, von allein fällt die Wolle, die Körper verfaulen; Einstmals so flink, das Pferd, das prächtige Glanzstück der Bahn, geht langsam zugrunde; des Preises und früherer Ehren vergessend stöhnt es am Gatter, dem Tode geweiht durch wehrlose Schwäche. Nicht denkt an Zorn noch der Eber, der Hirsch nicht, aufs Laufen zu setzen, noch darauf sinnen, den wehrhaften Pflugstier zu reißen, die Bären. Alles fällt in Erstarrung: in Wäldern, auf Feldern und Wegen liegen die schwärenden Körper, Gestank verpestet die Lüfte. Seltsam, daß Hunde das Aas nicht und auch nicht gefräßige Geier noch die grauen Wölfe anrühren; so fault und zerfällt, was tötet mit seinem Hauch und die Ansteckung weit übers Land trägt.

strage canum primo volucrumque oviumque boumque inque feris subiti deprensa potentia morbi. concidere infelix validos miratur arator inter opus tauros medioque recumbere sulco; lanigeris gregibus balatus dantibus aegros sponte sua lanaeque cadunt et corpora tabent; acer equus quondam magnaeque in pulvere famae degenerat palmas veterumque oblitus honorum ad praesepe gemit leto moriturus inerti. non aper irasci meminit, non fidere cursu cerva nec armentis incurrere fortibus ursi. omnia languor habet: silvisque agrisque viisque corpora foeda iacent, vitiantur odoribus aurae. mira loquar: non illa canes avidaeque volucres, non cani tetigere lupi; dilapsa liquescunt adflatuque nocent et agunt contagia late.





Dienstag, 17. März 2020

Frischfleisch ausverkauft, Reis, Nudeln, Tomatensaucen ausverkauft, Hygieneartikel aller Art schon seit Tagen ausverkauft, und jetzt ist auch mein Lieblingswein weg. Die Leute haben Geschmack: der ist nicht einmal günstig. Aber hätten die Idioten zum Hamstern nicht die Plörre aus dem Tetrapak nehmen können? Man ist entschlossen, scheint mir, die Krise auf hohem Niveau zu feiern.





Montag, 16. März 2020

Schlimm war die Pest, die der Zorn der maßlosen Iuno den Völkern sandte, aus Haß auf das Land, weil es trägt den Namen der Kebse. Da man das Übel für irdisch noch hielt und den boshaften Grund nicht kannte für solches Verderben, wehrte man sich mit der Heilkunst: Aber das Sterben hielt an, weder Pille noch Trank zeigte Wirkung. Anfangs drückte der Himmel mit undurchdringlicher Schwärze schwer auf das Land und hielt fest eine träge Hitze mit Wolken; während viermal die Hörner verband und den Kreis wieder füllte Luna, und, viermal geschwunden, zur vollen Scheibe heranwuchs, wehte ein warmer Süd, der Hitze brachte und Pesthauch. Fest steht, daß auch in die Brunnen und Tümpel gelangte das Übel, und auch, daß Schlangen zu tausenden durch die verwilderten Felder streiften, wobei sie mit bösem Geifer die Flüsse verseuchten.

dira lues ira populis Iunonis iniquae incidit exosae dictas a paelice terras. dum visum mortale malum tantaeque latebat causa nocens cladis, pugnatum est arte medendi: exitium superabat opem, quae victa iacebat. principio caelum spissa caligine terras pressit et ignavos inclusit nubibus aestus; dumque quater iunctis explevit cornibus orbem Luna, quater plenum tenuata retexuit orbem, letiferis calidi spirarunt aestibus austri. constat et in fontis vitium venisse lacusque, miliaque incultos serpentum multa per agros errasse atque suis fluvios temerasse venenis.





Dienstag, 3. März 2020

Ich warte schon auf die Einführung des Handels mit Flüchtlingszertifikaten.





Donnerstag, 27. Februar 2020

(Felsenfest davon überzeugt, daß mir ein anderes Leben bestimmt gewesen, grübelte ich seit Jahren darüber nach, wann eigentlich was genau schiefgelaufen war.)





Montag, 24. Februar 2020

(Zu viele Gedanken um immer das Gleiche. Wenn ich das Laufen irgendwann aufgebe, dann nicht deshalb, weil der Sport mir zu anstrengend ist, sondern weil mich mein weltrettendes Monologisieren erschöpft.)





Mittwoch, 5. Februar 2020

(Jetzt geht das Theater wieder los, daß über die sogenannte Wahl in den USA ausführlicher berichtet wird als über den Bundestagswahlkampf. Es scheint fast so, daß die Politik der USA größeren Einfluß auf die Bürger Deutschlands hat als deren eigene Regierung.)





Montag, 27. Januar 2020

(Jonathan Franzen empfiehlt, einzusehen, daß der Klimawandel nicht aufzuhalten ist, und plädiert dafür, sich um lösbare Probleme zu kümmern. Damit ist er selbst Teil des Problems, dessen Unlösbarkeit er behauptet.)





Freitag, 10. Januar 2020

Zum Problem der vermeintlichen, überall billig konstatierbaren (der wohlfeilen) Frauenfeindlichkeit: Korrekt, weil von unvoreingenommener Warte aus gesprochen, wäre stets die Nullhypothese vorauszusetzen, also die Gleichstellung von Mann und Frau. Vor diesem Hintergrund könnte man dann nach exakten Kriterien Abweichungen feststellen. Derzeit läuft es umgekehrt: Vorausgesetzt wird die Ungleichheit und die (sowieso bestehende) Benachteiligung der Frau. Vor dieser Annahme einer latenten Ungerechtigkeit können dann nur noch konkrete Instantiierungen dieser Ungerechtigkeit konstatiert werden, die die Annahme nicht verletzen sondern sie immer nur bestätigen. (Nur so ist es beispielsweise möglich, daß an und für sich symmetrische Verhältnisse asymmetrisch gedeutet werden können, beispielsweise die Fellatio als männliches Unterdrückungsinstrument, der Cunnilingus jedoch nicht als weibliches -- allenfalls wiederum als Manifestation männlicher Dominanz. Es ist zum Verrücktwerden. Desgleichen, um beim Beispiel zu bleiben, werden frauenfeindliche Deutungen eines Witzes, in der von Fellatio die Rede ist, einer Interpretation vorgezogen, die in dem Witz zwei beteiligte Männer sieht, obwohl das Geschlecht des zweiten Beteiligten für den Witz nicht relevant ist und auch gar nicht genannt wird. Es ist nur von einem Magen die Rede. Wie soll man aber beweisen, daß die Verhältnisse zwischen Fellatio und Cunnilingus symmetrisch sind, wenn als Entgegnung stets auf die prinzipielle, latente Unterdrückung der Frau verwiesen werden kann? Jede Begegnung zwischen Mann und Frau kann jederzeit als Instantiierung dieser Latenz gelesen werden und wird es auch. Paragraph 1: Der Chef hat immer recht. Paragraph 2: Sollte der Chef einmal nicht recht haben, tritt automatisch Paragraph 1 in kraft. Wie läßt sich dem entgehen? Indem man mit Gründen den Irrtum des Chefs nachweist. Unter diesen Verhältnissen kann ein Mann gar nicht anders, als seine Partnerin zu unterdrücken, ganz gleich, wie er sich verhält, und noch ein so harmloser Text wie das inkriminierte Gedicht von Eugen Gomringer kann, wenn sich geneigte Kläger finden, als frauenfeindlich gelten.) Das Problem bei der latenten Ungerechtigkeit ist, daß ich Regelbefolgungen nicht konstatieren, nur widerlegen kann, während sich allein Regelverstöße als Abweichungen der Grundannahme feststellen lassen. Das führt dazu, daß wir eine Gleichstellung niemals beweisen können, und das wiederum führt dazu, daß eine Gleichstellung niemals erreicht werden kann. Es sei denn, wir setzen sie voraus und ahnden die dann auffällig gewordenen Verletzungen derselben.





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