Bekanntlich ist die Achse, um die unser Planet seine Eigendrehung vollzieht, um ca. 23° geneigt und zeigt, zumindest auf kurze Zeiträume betrachtet, immer auf den gleichen Punkt am Himmel, was die unterschiedliche Tageslänge im Sommer und im Winter sowie die Jahreszeiten hervorruft. Im Winter scheint die Nordhalbkugel maximal "von der Sonne weggekippt", im Sommer umgekehrt. Der Punkt größter Gekipptheit auf die Sonne hin oder von der Sonne weg ist an den sogenannten Solstitien erreicht. In dieser Anordnung würde eine Ebene, die von der Erdachse aufgespannt wird und die Ekliptik im rechten Winkel schneidet, genau durch den Mittelpunkt der Sonne gehen, während dieselbe Ebene zu den Tag- und Nachtgleichen im März bzw. im September quasi tangential zur Erdbahn um die Sonne liegen würde.

Warum aber nimmt bei der Wintersonnenwende die Tageslänge nicht gleichmäßig morgens und abends zu, sondern abends schneller, so daß der früheste Sonnenuntergang in unseren Breiten schon Mitte Dezember, der späteste Sonnenaufgang jedoch erst einige Tage nach der Wintersonnenwende stattfindet?

Die Antwort hat erstens mit dem Unterschied zwischen siderischem Tag und Sonnentag zu tun und zweitens mit der unterschiedlichen Bahngeschwindigkeit der Erde zu unterschiedichen Jahreszeiten. Angenommen, die Erde würde sich relativ zum Sternenhintergrund überhaupt nicht drehen; dann dauerte ein Tag exakt ein Jahr, denn auf ihrem Umlauf um die Sonne würde allmählich über die Dauer des Umlaufs die Erdoberfläche einmal überall beschienen. Dieser "Tag" ist sozusagen ein Extratag, den die Erde bei ihrem Umlauf dazugeschenkt bekommt. Das bedeutet aber für eine rotierende Erde, daß die Sonne jeden Tag ein 1/365 Tag vorauszueilen scheint. Um also denselben Sonnenstand wieder zu erreichen, muß die Erde sich ein kleines Stückchen weiterdrehen, als bis zum selben Sternenstand. Dieses Stückchen macht fast ein Grad aus (und dauert ein paar Minuten zu überwinden). Die Differenz ist aber nicht zu allen Jahreszeiten gleich, denn aufgrund der leicht exzentrischen Bahn der Erde um die Sonne befindet sich der Planet mal nächer an seinem Zentralgestirn, mal weiter weg. Derzeit (die Punkte größter bzw. kleinster Entfernung wandern über längere Zeiträume betrachtet) ist das Perihel (der Punkt größter Nähe zur Sonne) im Winter. Das zweite Keplersche Gesetz besagt, daß der sogenannte Fahrstrahl, das Ellipsensegment, das aus dem in einer gegebenen Zeit durchwanderten Bogen und den beiden Achsen zur Sonne gebildet wird, zu gleichen Zeiträumen gleichen Flächeninhalt hat. Daraus wiederum folgt, daß sich die Erde zu unterschiedlichen Zeiten unterschiedlich schnell bewegt. Die größte Geschwindigkeit hat sie am Perihel, die geringste am Aphel. Das bedeutet aber auch, daß die aufzuholende Differenz zwischen siderischem und Sonnentag im Winter besonders groß ist. Nimmt nun die Tageslänge aufgrund der Achsenneigung nach dem 21. Dezember wieder zu, profitiert davon der Sonnenuntergang besonders, denn um den "Verlust", der durch die -- schnellere -- Umlaufbewegung zustande kommt, wieder aufzuholen, muß sich die Erde besonders lange weiterdrehen -- was nichts anderes bedeutet, als daß der Sonnenuntergang noch etwas auf sich warten läßt. Morgens ist es dann umgekehrt, und der Gewinn durch die veränderte Achsenstellung wird durch denselben Effekt "wiederaufgefressen": Es bleibt also noch ein Weilchen länger dunkel, ehe die Erde die Extrastrecke von einem Grad aufgeholt hat, der Fortschritt macht sich noch länger nicht bemerkbar als am Abend.






...Dreikönig um ein‘ Hirschensprung...


Jeden Tag um einen Hahnenschrei ...