Dienstag, 28. April 2020

Im Zuge der Pandemie treten gewisse unappetitliche Details der Funktionsweisen des menschlichen Atemwegsystems und der menschlichen Mundwerkzeuge ins Bewußtsein, über die wir bislang in fröhlicher Ignoranz befangen sein durften. Es ist zu hoffen, daß wir dieses Wissen wieder verlernen, sobald alles ausgestanden ist. Sonst könnte eine ganz neue Kultur und Ordnung des Ekels heraufdämmern und Spuckschutz und Atemmaske so selbstverständlich werden wie jetzt schon Einwegkanülen, Papiertaschentücher, Eßbesteck, Toiletten mit Wasserspülung, oder daß Hotelbetten für jeden neuen Gast frisch bezogen werden.





Mittwoch, 22. April 2020

Dein Körper, so fern. Durstige Küsten, Finger auf Landkarten, Türme. Strommasten, die einander die Meilen zuwerfen. Auf einer Terrasse sitzen, die du nie gesehen hast, und hinter mir im Haus sprechen Stimmen, die du nicht kennst. Rückwärts die Verse wieder aufrollen, die deine Gedanken am Ende der Landkarten nach vorne entziffert haben, bis alle Papyri wieder blank sind. Palimpseste aus Jahreszeit. Folien, an denen jeder Vogelflug seinen Paß abgeben muß. Und dein Körper, so fern. Heiligtümer der Schamanen, Beschwörungen, Briefe mit Federn, Steinen, Haut. Das Lebendige im Toten. Wörter, die nicht schwimmen können. Wüßtest du, wie fern dein Körper ist, du hütetest dich, ihn zu waschen. Du müßtest auf einen Traum warten, in dem er dir erschiene, dein Leib. Frühling aber heißt, den Himmel anhand der Vogelkoordinaten bestimmen. Ich verwünsche das Fenster für seine Kurzsichtigkeit. Die Hügel halten Wache des Nachts. Und dein Körper, so fern. (16.4.2020)





Freitag, 17. April 2020

Zum Gießen in den Garten, anwesend sein in einer Natur, die nur sich selbst gehört und von unserem Sterben nicht berührt wird. Nicht einmal anwesend sein: nur vorkommen, als weniger denn ein Stein, kaum mehr denn ein Schatten, ein Klang, der sich bricht und verhallt und keine Spuren hinterläßt.

Rhythmisches Vogelschnarren im Tiefenprofil von Kirchenglocken. Aprikosenblüten spiegeln sich im geöffneten Fenster. Dann Meisenpfiffe. Dann öffnet das Tal sein Maul voller Schweigen.

Verlassene Räume, die wir gerade noch bewohnen, einen Fuß bereits im benachbarten Nirgends. Bald gehören sie sich nur noch selbst. Schon holen die spiegelnden Scheiben den von Vögeln bewohnten Himmel ins Haus, sieht sich der Wind um im zu mietenden Objekt. (9.4.2020)





Donnerstag, 16. April 2020

Ablaufende Flut, auftauchende Bäume, die Wipfel tasten nach Luft und Himmel. Man setzt sich das Gesicht, das einem der Sturm gestern vom Kopf geweht hat, wieder auf, rückt die kalten Wangen zurecht, schaut aus den tränenden Augen in die Sonne. Überall wird am Licht gearbeitet, die Bäche tragen die geschürfte Sonne zu Tal, in den Pfützen setzt sich das flüchtige Mineral ab, die Sträucher filtern und sieben und klären die Luft. Die Gärten stecken ihre Reviere ab. Flüchtige Stimmen kehren behutsam zurück und suchen sich bescheidene Anstellungen. Für einen Moment kommt Verdrängtes zum Vorschein, Autoreifen wie Beinprothesen, mit Kellerlicht gefüllte Eimer, zwei Zaunpfähle wie abgemagerte Gefangene, Entkommene, mit Draht noch aneinander gefesselt. Wolken malen den Umriß von Kontinenten an den Himmel, bevor die Länder einen Namen bekommen, hat sie der Wind davongetragen. Zeit des Wartens und der Tapferkeit vor der Liebe. Aus der Zukunft strömen die Vogelschwärme in die Gegenwart zurück, Bäume wenden sich ab, ziehen sich zurück in den Wald, und die Knospen sind die Antwort auf eine Frage, die man nicht kennt, aber kennen sollte. (14. März 2020)





Montag, 6. April 2020

Zurück in der grotesken Welt, zu Szenen, die an einen Monty-Python-Streifen erinnern. An den Toren staut sich der Verkehr, so zahlreich sind die Leichenzüge (Tote mußten bei den Römern außerhalb der Stadt beerdigt werden). Die Toten bleiben unbestattet auf der Erde liegen (eine schlimme Sache, weil die Seelen der Verstorbenen nicht in die Unterwelt einziehen können und keine Ruhe finden) oder werden ohne Zeremoniell auf den Scheiterhaufen geworfen. Vollends übersteigert ist die Vorstellung, daß um die knappen Plätze auf dem Feuer Kämpfe ausbrechen und man seine Verstorbenen auf anderer Leute Scheiterhaufen mitverbrennt (so wie es Leute gibt, die im Waschsalon ihre eigenen Klamotten in fremden Maschinen mitwaschen). Schwer fällt es da, noch ernst zu bleiben. Hier ist Ovid wieder ganz bei sich, solche ins Paradoxe getriebenen Bilder sind bis hinauf in die Exildichtung typisch für den Dichter.) Leben und Sterben haben seine Ordnung; hier aber ist diese Ordnung auf den Kopf gestellt. Der Weg aus dem Leben, so sieht es aus, ist gestört, man bleibt im Wartezimmer der Unterwelt hocken, im Zwischenreich schweift man ruhelos dahin. Wenn das Leben nicht irgendwo weitergeht, wenn keine Jüngeren nachkommen, die die Älteren bestatten, wenn alle Mittel zu einer ordentlichen Bestattung fehlen, ist selbst das Sterben dem Chaos unterworfen.


Welche gestorben, die Körper, sie werden nicht mehr nach dem rechten Brauch bestattet (von Leichenzügen verstopft sind die Tore): Entweder bleiben sie einfach liegen, oder man wirft sie ohne Ritus aufs Feuer; schon spart man sich jegliche Ehrfurcht, kämpft um die Haufen, schiebt eigene Tote aufs Feuer von andern. Keiner, sie zu beklagen, ist übrig, es irren die Seelen unbeweint umher von Kind, Eltern, Jungen und Alten. Voll sind die Gräber, es reicht nicht das Holz für so viele Feuer.

corpora missa neci nullis de more feruntur funeribus (neque enim capiebant funera portae): aut inhumata premunt terras aut dantur in altos indotata rogos; et iam reverentia nulla est, deque rogis pugnant alienisque ignibus ardent. qui lacriment, desunt, indefletaeque vagantur natorumque patrumque animae iuvenumque senumque, nec locus in tumulos, nec sufficit arbor in ignes.





Montag, 30. März 2020

Mors stupebit et natura cum resurget creatura.





Mittwoch, 25. März 2020

Im Roman Die Madonna mit dem Fischleib von Strátis Myrivílis gibt es die Figur eines infolge der Kleinasiatischen Katastrophe vertriebenen Lehrers, Altphilologen und glühenden Patrioten, den es zusammen mit anderen Flüchtlingen auf eine nicht näher genannte Insel in knapper Sichtweite der kleinasiatischen Küste verschlagen hat. Dort beginnt ein staatliches Bauprogramm für dauerhafte Unterkünfte. Der Krieg ist verloren, Kleinasien ist verloren, die Flüchtlinge müssen unterkommen, man akzeptiert, daß sie nicht zurückkehren werden, nie mehr, denn dort, wo sie herkommen, ist nicht mehr Griechenland. Also baut jeder sein Häuschen, die Menschen richten sich ein, lecken ihre Wunden und gewöhnen sich, beginnen zu arbeiten, zu handeln, verlieben und verheiraten sich, kriegen Kinder, bestellen den Garten und sehen die Insel bald als ihre neues Zuhause an. Bis auf einen. Ob er sich denn kein Haus bauen wolle, wird der Lehrer gefragt. Oh, antwortet der, er habe schon eines, Ah? Wo denn, was für ein Haus? Und da streckt der Lehrer die Hand aus nach dem Meer, wo am Horizont der schmale Küstenstreifen Kleinasiens sichtbar ist, und zeigt nach dem Land: Dort, ruft er aus, dort ist mein Haus, dort ist mein Obstgarten, dort ist mein Feigenbaum mit der Bank, dort mein Oleander in seinem Kübel. Die Weigerung des Lehrers, die neue Situation zu akzeptieren, hat keinerlei Konsequenzen für die Welt, für Griechenland, für die Flüchtlinge, für die Politik. Man könnte sagen, sie ist sinnlos. Aber es ist eine Haltung, und es ist nunmal seine. Er besteht darauf, die Welt falsch finden zu dürfen; er wird das böse Spiel mitspielen müssen, wenn er nicht untergehen will; aber er will es nicht mit guter Miene tun. Diese Haltung ist die meine. Ich werde niemals eine andere Welt akzeptieren als die, die wir im Januar 2020 verließen. Ich werde keinen Fortschritt akzeptieren, der weniger wäre als eine vollumfängliche Ungeschehenmachung dessen, was dieser Keim bewirkt hat. Ich werde keine Maßnahme oder originelle Erfindung, die jetzt aus dem Geist der Bewältigung heraus gemacht wird, als positive Bilanz würdigen. Ich werde nicht wieder zufrieden sein, ehe die absurde Periode, die wir jetzt erleben, in den Bewußtseinen der Menschen als fahle, ferne, kaum glaubhafte Erinnerung verblaßt sein wird. Dixi.





Dienstag, 24. März 2020

In der Binnenerzählung wechselt hier nach dem einleitenden Wortwechsel mit seinem Gast Cephalus der Herr über Ägina, Aeacus, in die persönliche Perspektive. Handelte der vorige Abschnitt von der Unwirksamkeit jeglicher Heil- oder Linderungsmittel, kommt der vorliegende auf die vergeblichen Versuche zu sprechen, Hilfe wenn nicht von der Arztkunst so doch von höheren Mächten zu erlangen. Doch weit entfernt, mit Gebeten, Gelübden und Opfern etwas auszurichten, sterben die Hilfesuchenden vielmehr schneller, als sie beten, geloben oder opfern können: Die Gottheit, scheint es, hört gar nicht bis zum Ende zu, läßt die Betenden nicht ausreden. Es hat etwas von Genervtsein und Ungeduld. Schon wieder eine Bitte, ich hör mir das nicht mehr an. Oder von totaler Abwesenheit. Die Gottheit ist im Nebenzimmer beschäftigt, während vor der Tür die Menschen in Scharen sterben. Es entsteht ein Eindruck gößter Verlassenheit und Verzweiflung. Daß die Götter sich abgewandt haben, wird bei der Eingeweideschau noch deutlicher: die Eingeweide sind selbst von der Krankheit befallen, sie sind unleserlich, es ist ihnen nichts zu entnehmen, anders gewendet: die Zukunft ist krank, die Zeit und ihre Funktionen selbst ist krank, es gibt keine Wahrheit mehr, die Götter schweigen; man würde alle erdenklichen Opfer bringen, wenn die Götter nur einen Wunsch erkennen ließen, aber die Götter schweigen; man erklärt seine Opfer- und Sühnebereitschaft, aber die Götter schweigen; man sucht in der Eingeweideschau um Rat, aber die Götter schweigen auch hier; wenn aber die Götter als letzte Ratgeber verstummt sind, dann versagt jede menschliche und natürliche Ordnung, dann bleiben nur Chaos und Tod. Kein Wunder, daß manch einer letzteres wählt.


Frage nicht, wie es mir ging, was anderes sollte ich wünschen, als, voller Haß auf das Leben, den Meinen zum Tode zu folgen? Wo auch man wendete hin die Schärfe der Augen, es lagen hingestreckt die Leute, so wie wenn die faulenden Äpfel fallen beim Rütteln vom Zweig und beim Schütteln von Eichen die Eicheln. Tempel sieht man daneben, von Treppenfluchten erhaben: Jupiter sind sie geweiht. Wer hat nicht an diesen Altären Weihrauch verbrannt umsonst? Wie oft hat, wenn Gattin für Gatten, Vater und Mutter fürs Kind mit flehenden Worten gebetet, unerhörten Flehens der Tod das Gebet unterbrochen, fand sich noch, unverbrannt, in den Händen Stücke des Weihrauchs! Und wie oft sind, zum Tempel geführt, wenn der Priester die Weihen sprach und zwischen die Hörner den unerbittlichen Wein goß, unerwartet, von keiner Wunde gefallen die Stiere! Auch, als ich selbst dem Gott für mein Land und für die drei Kinder opfern wollte, da ließen auf einmal die Stiere ein böses Muhen ertönen, brachen zusammen, noch eh sie ein Hieb traf, netzten mit spärlichem Blut das darunter gehaltene Messer. Krank sogar ist die Leber, verloren die Zeichen der Wahrheit, wie auch die Mahnung der Götter, das Eingeweide befallen. Vor den geweihten Pfosten sah die Kadaver ich liegen, vor den Altären selbst, daß umso gemeiner der Tod sei. Manche, indem sie ihr Leben am Strick beenden, begegnen Todesfurcht mit dem Tod und kommen zuvor ihrem Schicksal.

Quid mihi tunc animi fuit? an, quod debuit esse, ut vitam odissem et cuperem pars esse meorum? quo se cumque acies oculorum flexerat, illic vulgus erat stratum, veluti cum putria motis poma cadunt ramis agitataque ilice glandes. templa vides contra gradibus sublimia longis: Iuppiter illa tenet. quis non altaribus illis inrita tura dedit? quotiens pro coniuge coniunx, pro gnato genitor dum verba precantia dicit, non exoratis animam finivit in aris, inque manu turis pars inconsumpta reperta est! admoti quotiens templis, dum vota sacerdos concipit et fundit durum inter cornua vinum, haud exspectato ceciderunt vulnere tauri! ipse ego sacra Iovi pro me patriaque tribusque cum facerem natis, mugitus victima diros edidit et subito conlapsa sine ictibus ullis exiguo tinxit subiectos sanguine cultros. exta quoque aegra notas veri monitusque deorum perdiderant: tristes penetrant ad viscera morbi. ante sacros vidi proiecta cadavera postes, ante ipsas, quo mors foret invidiosior, aras. pars animam laqueo claudunt mortisque timorem morte fugant ultroque vocant venientia fata..





Montag, 23. März 2020

Die Lage spitzt sich zu im vorliegenden Abschnitt. Daß die Kunstfertigkeit dem, der sie anwendet, Schaden zufügt, ist ein häufiger Topos bei Ovid; als er am siebten Buch der Metamorphosen arbeitete, konnte er nicht ahnen, daß er den Gedanken in den Werken der Verbannung wieder und wieder auf sich selbst und seine unglückliche Lage literarisch anwenden würde: Sein dichterisches Talent, daß ihn die Kühnheit der Liebeskunst konziperen und ausführen ließ, hatte ihm die Verbannung eingetragen, die Kunst dem Künstler geschadet. Typisch für Ovid sind die ans Groteske reichenden Übertreibungen: Das Fieber ist so hoch, daß die kalte Erde, auf die sich die Kranken zwecks Kühlung legen, sich erhitzt (fervet, das heißt, wird nicht nur warm, sondern „kocht“ oder „siedet“); die Kranken trinken vor Durst ganze Flüsse leer, und daß Schafe die Wolle verlieren, ist auch ziemlich unwahrscheinlich. Andere Beschreibungen dagegen scheinen nur zu plausibel, als daß es einem nicht kalt den Rücken runterläuft: Kranke trinken von kontaminiertem Wasser, weil der Durst sie so sehr quält; die Verwzeiflung läßt die Kranken das Haus verlassen und umherscheifen, in der Hoffnung, daß alles gut wird, wenn man nur den Ort meidet, an dem das Übel zuschlug. Daß die Bettdecke unerträglich wird, kommt auch in anderen Pestbeschreibungen vor, mir ist nicht bekannt, ob das ein beobachtetes Symptom oder nur ein literarischer Topos ist, da müßte man mal nachforschen. Von der grotesken Übertreibung gelangt Ovid unter Rücknahme der Mittel zu Schilderungen von eindringlichem Ernst. Im letzten Bild der Passage kehrt der Text wieder zu den meteorologischen Zeichen des Anfangs zurück: Die Sterbenden strecken die Hände flehend aus zu demselben Himmel, der schon zu Beginn „schwer auf die Erde“ gedrückt hat, und suchen in letzter Verzweiflung Hilfe von dort, woher das Übel seinen Anfang nahm. Unterstrichen wird der Ernst vom Versmaß, dem bei Ovid äußerst seltenen versus spondiacus..

Niemand, der Abhilfe wüßte, ja grade unter den Ärzten um sich greift rasendes Sterben, und schadet den Heilern die Heilkunst: ja, je näher der Arzt dem Kranken, je treuer die Pflege, umso schneller kommt selbst er ans Sterben, und wenn erst auf Heilung hin ist die Hoffnung und klar wird, daß endet die Krankheit im Tode, geben sie auf und suchen nicht mehr, was helfen noch könnte: Helfen nämlich kann nichts. Allenthalben verliert man die Hemmung, legt sich in Quellen und Flüsse, bleibt liegen in breiten Zisternen, aber das Naß, als den Durst zu löschen, ist schneller getrunken. Schwer nach dem Trunk schaffen viele es nicht, sich noch zu erheben, sterben vor Ort im Wasser, das dann wieder andere schöpfen; Derart verhaßt ist das widrige Bett den Erkrankten, daß auf sie springen, oder, wenn ihnen die Schwäche das Stehen vereitelt, wälzen sie ihren Leib übern Grund. So fliehen das Haus sie, jeglicher seines, und jedem ein Totenhaus scheint sein Zuhause, denn, weil die Ursache unklar, so hat im Verdacht man die Orte; teilweise konnte Halbtote man sehen – solang sie noch aufrecht – wie auf den Straßen sie wankten, teils andre schon weinend am Boden, wie sie die müden Augen in letzter Regung verdrehten; und sie recken die Hand nach den Sternen des hangenden Himmels, grad wo der Tod sie ereilt, so hauchen sie aus ihr Leben.

nec moderator adest, inque ipsos saeva medentes erumpit clades, obsuntque auctoribus artes; quo propior quisque est servitque fidelius aegro, in partem leti citius venit, utque salutis spes abiit finemque vident in funere morbi, indulgent animis et nulla, quid utile, cura est: utile enim nihil est. passim positoque pudore fontibus et fluviis puteisque capacibus haerent, nec sitis est exstincta prius quam vita bibendo. inde graves multi nequeunt consurgere et ipsis inmoriuntur aquis, aliquis tamen haurit et illas; tantaque sunt miseris invisi taedia lecti, prosiliunt aut, si prohibent consistere vires, corpora devolvunt in humum fugiuntque penates quisque suos, sua cuique domus funesta videtur, et quia causa latet, locus est in crimine; partim semianimes errare viis, dum stare valebant, adspiceres, flentes alios terraque iacentes lassaque versantes supremo lumina motu; membraque pendentis tendunt ad sidera caeli, hic illic, ubi mors deprenderat, exhalantes.





Sonntag, 22. März 2020

Bald auch mäht die Pest die hilflosen Landmänner nieder, und in den Mauern der großen Stadt errichtet sie Herrschaft. Erst beginnt das Gedärm zu brennen, dann schleichendes Fieber Rötung zeigt an und schmerzhaft keuchendes Atmen, von Feuer anschwillt die rauhe Zunge, vertrocknet von hitzigem Atem starren die Münder und schnappen nach Luft in mühsamen Zügen. Bett und Lager sind unerträglich und jegliches Laken, nackt auf die Erde legt man sich bäuchlings, doch wird nicht der Körper abgekühlt von dem Grund, sondern heiß wird der Grund von den Körpern.

Pervenit ad miseros damno graviore colonos pestis et in magnae dominatur moenibus urbis. viscera torrentur primo, flammaeque latentis indicium rubor est et ductus anhelitus; igni aspera lingua tumet, tepidisque arentia ventis ora patent, auraeque graves captantur hiatu. non stratum, non ulla pati velamina possunt, nuda sed in terra ponunt praecordia, nec fit corpus humo gelidum, sed humus de corpore fervet.





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