Lucan, Pharsalia IX, 14ff

... risitque sui ludibria trunci.
hinc super Emathiae campos et signa cruenti
Caesaris ac sparsas uolitauit in aequore classes

"... und lacht über das Lächerliche seines eigenen Rumpfes. Von hier fliegt er über das Thessalische Schlachtfeld und die Standarten des blutbefleckten Caesar und über die Flottenteile, verstreut über die See."

Aus Pompeius' Seelenreise lassen sich ein paar subtile Komplexitäten herauszwirbeln. Da schwebt also die Seele des ermordeten Feldherrn über den Orten der Handlung von Buch VIII, die wir Leser eben verfolgt haben, dem Schlachtfeld bei Pharsalos, der Flotte, zuletzt über dem seines Kopfes beraubten Leichnam. Mit Flug und Schau nimmt also die Seele des Feldherrn den Standort und die Perspektive des Erzählers ein -- und unseren eigenen, die wir ja auch gleichsam und geführt von unserem Erzähler, über der Handlung schweben. Mit ihr, der Seele, fassen wir die jüngsten Ereignisse noch einmal zusammen, bevor sie von Cato Besitz ergreift und wir der Handlung weiter folgen, die nun von Cato vorangetrieben wird -- und in Cato durch Pompeius, der in dem einstigen politischen Gegner lebendig bleibt und fortwirkt. So gesellt sich Pompeius also für einen Moment zu uns und nimmt neben uns auf dem Zuschauersessel Platz, außerhalb der Erzählung, der er angehört, und doch immer noch in ihr, denn wir lesen ja immer noch von ihm. Oder umgekehrt sind es wir, die wir uns auf einmal in eine zwischen Erzählerischem und Kosmologischem schwankende Transzendenz gerückt sehen. Und indem Pompeius' Seele diese kurze Schau abhält, wird auf einmal die Erzählung als Erzählung sichtbar, während die Erzählstimme sich ihrerseits in ein noch größeres Außen zurückzieht und auch uns dorthin mitnimmt, von wo aus Pompeius' Seele wieder einer Innenwelt verhaftet erscheint.