Weiter im Lucan: Caesars Rede

in manibus uestris, quantus sit Caesar, habetis.

"Ihr habt es in der Hand, wie groß Caesar sein wird."

Dieser Satz aus der Rede Caesars vor seinen Soldaten ist das Gegenstück zu dem des Pompeius: "Laßt nicht zu, daß ich auf meine alten Tage das Dienen lernen muß." Wer so auftritt, hat eine bestimmte Überzeugung von sich selbst ebenso wie von seinen Soldaten. Alles, was Pompeius zu bieten hat, ist die Bewahrung des Alten und Althergebrachten, der gesetzlichen Ordnung in Gestalt der tradierten römischen Republik. Pompeius' Ziel, das Ziel, das er auch seinen Leuten verkaufen muß, ist die Abwendung von Schaden und die Vermeidung von Veränderung. Dieses negative Ziel ist positiv allenfalls durch den Begriff der "Rettung" formulierbar. Es zu erreichen, bedeutet keinen Fortschritt sondern die Wiederherstellung eines durch Gewalt in Gefahr geratenen und auch bereits beschädigten Zustands, seine Reparatur. Die Motivation ist also rückwärtsgerichtet. Pompeius kann nur das alte eiernde, klapprige Fahrrad versprechen, repariert zwar, doch so klapprig und eiernd wie eh und je. Und Caesar? Der Zerstörer der Republik verspricht ein ganz neues Fahrrad. "Wie groß wollt ihr mich haben?" fragt er seine Soldaten. Wie schnell soll das neue Fahrrad sein, auf dem wir alle fahren werden? Von dieser Größe hängt ab, was sie selbst sein werden.

haec, fato quae teste probet, quis iustius arma
sumpserit; haec acies uictum factura nocentem est.
(VII 259f)

Pompeius sagt: Unsere Sache ist die gerechte. Caesar erwidert: der Sieg wird beweisen, wer die gerechte Sache vertritt. ("Möge der Gerechte gewinnen.") Das Verbrechen wird am Besiegten kleben bleiben. Im Krieg bleibt keine Hand sauber, sagt Caesar, also tilgt die Schuld mit dem Eisen, indem ihr siegt. Auch der Verweis auf die eigene militärische Stärke fehlt in Caesars Rede nicht. Was Pompeius als Aufgebot der ganzen Welt bezeichnet, wird bei Caesar zu einem Haufen Schuljungen, die kaum Waffen tragen können, zu zusammengewürfelten Horden von Barbaren, die der eigene Kampflärm erschreckt. Barbaren, zumal, denen es egal ist, wer in Rom regiert, gedungene Völker, die keine starke Motivation zum Kämpfen haben. Und dann führt Caesar etwas an, das Pompeius abgeht: Seine Nähe zu den Soldaten. Glaubt ihr, ich weiß nicht, wer von euch welches Schwert führt? Glaubt ihr, ich kann nicht am Lanzenwurf erkennen, wer von euch der Schütze war? -- Eine solche Bindung des Heerführers an seine Soldaten, der Soldaten an den Heerführer, hat Pompeius nicht zu bieten.