Noch einmal Parsec

Die Länge des Parsecs berechnet sich wie folgt: Eine AU beträgt exakt 149 597 870 700 m (dieser Wert ist eine Festlegung, der empirische Abstand zwischen Erde und Sonne schwankt wegen der Ellipsenform der Erdbahn und ein paar kleineren Störfaktoren). In dem Dreieck Sonne (S) -- Objekt in 1 Parsec Entfernung (P) -- und Erde (E) beträgt nach der Definition des Parsecs der Winkel SPE genau 1". Durch Trigonometrie erhält man dann die Gleichung:

tan 1" = 1AU/1pc

Durch Umstellung:

1pc = 1AU/tan 1" = 3,08576466×1016 m

Bzw. 3,08576466×1013 km bzw. 3,2616 Lichtjahre. Um zu ermessen, was das praktisch bedeutet, und warum es so lange gedauert hat, bis man durch Triangulation den Abstand benachbarter Sterne messen konnte, muß man sich klarmachen, daß erstens selbst der unserer Sonne naheste Stern, Proxima Centauri, bereits mehr als ein Parsec entfernt ist (nämlich 1,3 pc), seine Parallaxe also weniger als eine Bogensekunde beträgt; eine Bogensekunde, das entspricht dem Winkel, unter dem der Durchmesser eines 1-Euro-Stücks aus vier Kilometern Entfernung erscheint. Also klein. Also sehr, sehr klein. Das muß man erstmal messen können. Was erst 1838 dem Astronomen Wilhelm Bessel beim 11,4 Lichtjahre entfernten Stern 61 Cygni gelang, dessen Parallaxe er mit 0",013 (10,28 Lichtjahre), bei einem mittleren Fehler von 0",02 bestimmte, was innerhalb der damaligen Meßgenauigkeit durch moderne Messungen bestätigt werden konnte. Das vermeintliche Fehlen der Sternparallaxe war übrigens lange Zeit ein Standardargument gegen das Heliozentrische Weltbild: Wenn die Erde, so die Argumentation, sich um die Sonne bewege, dann müßten bei den Fixsternen Parallaxen zu beobachten sein. Aus dem Fehlen derselben wurde gefolgert, die Erde müsse stillstehen. Die Behauptung, die Sterne seien einfach zu weit weg, durfte natürlich mit Fug und Recht als eine argumentative Immunisierungsstrategie abgelehnt werden.

Weiter im Lucan

V 711--716 bietet einen hübschen Vergleich von Schiffen mit Kranichen: die Ordnung der Flotte gerät bei umschlagendem Wind durcheinander, so wie Schwärme von Kranichen, deren Körper im Auffliegen verschiedene Muster bilden, Buchstaben, die weiter oben, wenn die Tiere in den Sog des Südwinds geraten, sich wieder verlieren, während die Schwärme durcheinandergeraten und sich zu Kugeln ballen. Das ist nicht ganz korrekt, Kraniche bilden ja innerhalb kurzer Zeit geordnete V-Formationen aus, aber egal. Die Verbindung von zufälligen Strukturen und den Formen von Buchstaben fand ich interessant. Ich habe mich gefragt, ob der Vergleich vielleicht irgendwo in Lukrez vorkommt, das würde passen. Kommt er aber nicht. Kraniche kommen genau zweimal vor, im vierten Buch, und zwar in einer wortwörtlich wiederholten formelhaften Wendung, in der der Dichter seine eigenen knappen aber wohlklingenden Verse mit dem kleinen Schwan vergleicht, dessen Gesang so viel klangvoller sei als der der größeren Kraniche. (Lucr. IV 183ff und IV 910ff) Von einem Vergleich zwischen Kranichen, die Buchstaben, und Atomen, die Stoffe, Körper und Organismen bilden, findet sich leider nichts.