Lucan V 561--637

Sturm, Wolkenbrüche, wilde See, die bösen Zeichen bewahrheiten sich. Der Fischer will umkehren, nicht aus Angst, sondern weil er befindet, daß die italische Küste nicht zu erreichen sei; man solle umkehren, solange es noch möglich sei. Darauf Caesar, selbstbewußt wie er nunmal ist: Wüßte sein Fährmann, wen er da befördere, er hätte keine Angst. Die Götter verließen diesen Passagier niemals. Sein Glück täte ihm Unrecht, wenn es erst einträfe, nachdem er Gebete gesprochen habe. Dies hier sei die Aufgabe von Wind und Wetter, nicht die des Schiffes. Dieses werde durch die Anwesenheit Caesars vor den Fluten geschützt. So Caesar. Um dann dem ganzen noch die Krone aufzusetzen und das Geschehen, das man leicht als Widerstand der Fortuna gegen das Vorhaben Caesars auffassen könnte, dreist umzudeuten:

... quid tanta strage paretur
ignoras: quaerit pelagi caelique tumultu
quod praestet Fortuna mihi. ...
(591ff)

"'Du weißt nicht, was mit diesem Aufruhr vorbereitet wird: Fortuna sucht darin, was sie für mich leisten kann.'"

563: Gestörte Ordnung der Dinge, selbst die Sterne scheinen zu wackeln im Sturm. Das Unwahrscheinliche bei dieser Vorstellung läßt an den Topos denken, in dem die Zauberin den Mond zur Erde ziehen und Ströme rückwärts laufen lassen kann.

Bei Lucan gibt es keine Beschreibung von Naturgewalten ohne Übertreibung:

... cunctos solita de parte ruentis
defendisse suas uiolento turbine terras,
sic pelagus mansisse loco. ...

"... daß [die Winde], aus ihren bekannten Richtungen brausend, mit rasendem Wirbel ihr Terrain behaupteten, und daß so das Meer an seinem Platz blieb." Die Aussage ist abhängig vom Matrixverb crediderim "ich möchte glauben", was die Unglaubhaftigkeit eines solchen Geschehens noch verstärkt. Vielleicht ist es aber auch anders zu lesen, nämlich alles im Sinn von, "so schien es", "es war, als ob". Die Form crederes bedeutet ja "man hätte glauben können". Daß hier die erste Person verwendet wird, ist freilich seltsam. Es scheint ausgeschossen, daß Lucan bei allem, was der Dichter bei der Schilderung des Seeabenteuers an Wind, Wasser, Wirbeln, Gischt und bösem Wetter auffährt, hier eine ironische Relativierung des Gesagten beabsichtigt.

Bei Caesar selbst findet sich kein Wort zu diesem Abenteuer, das aber laut dem verlinkten Kommentar bei Dion (Cassius Dio? Dio Chrysostomus?), Appian und Plutarch erwähnt wird. Vielleicht wurde es erfunden, um Caesar den Ausspruch "Fürchte dich nicht, du fährst Caesar" in den Mund legen zu können.