Noch einmal die beiseitegewischten Omina (Lucan V 395f):

nec caelum seruare licet: tonat augure surdo,
et laetae iurantur aues bubone sinistro.

Noch einmal, am Morgen seines Todestages, wird Caesar ein schlechtes Vorzeichen mißachten und die tödliche Senatssitzung aufsuchen, vor der ihn ein Traum seiner Gattin gewarnt hatte.

V 403--460: Nachdem Caesar sich quasi selbst zum Consul ernannt hat, eilt er in Windeseile nach Brundisium (Brindisi), in der Absicht, nach Griechenland überzusetzen und Pompeius dort endgültig auszuschalten. Windstille hält die Flotte zunächst mitten auf dem Meer fest, wo sie -- manövrierunfähig -- einem Angriff gegenerischer Schiffe schutzlos ausgesetzt wäre. Doch abermals zeigt sich Caesars Fortuna günstig. Das Wetter schlägt um und trägt die Schiffe schnell nach Palaeste (ein Hafen in Epirus).

Die Flüsse Hapsus (Apsus) und Genusus. Auf der Wikipedia gibt es eine äußerst brauchbare Liste antiker geographischer Bezeichnungen, darin für jeden Namen, gleich ob als Lemma auf der Wikipedia vorhanden oder nicht, einen Verweis auf Smith. Die beim letzteren aufgeführten modernen Bezeichnungen (Uzúmi, Devól, Beratinós) auf Openstreetmap, auf der deutschen, der griechischen und der englischen Wikipedia zu finden versucht, vergebens. Noch einmal genau hingeschaut: das Lexikon von Smith ist von 1854, okay, das ist nicht mehr ganz aktuell, und der Balkan, was Sprachen und Namen angeht, nicht gerade die konservativste Weltgegend. Manchmal muß man Glück haben: auf dem Mars (ja, genau, dem Planeten) gibt es ein Flußbett (channel), das nach dem antiken illyrischen Fluß Apsus Vallis heißt, und diese areologische Formation hat einen Eintrag auf der englischen Wikipedia. Dort aber wird dankenswerterweise auch angegeben, nach welchem irdischen Gewässer das Tal benannt ist. Es handelt sich um einen Strom im heutigen Albanien, dem Seman. Nach dem Gewässer Genusus ist leider keine areologische Formation benannt. Aber es gibt ein Lemma Genusus auf der englischen Wikipedia. Der moderne Name des albanischen Flusses, erfährt man dort, ist Shkumbin. Unter der bei Smith angegebenen Schreibweise "Skumnbi" ist die Suche selbst mit modernen Meinten-Sie-xyz?-Methoden erfolglos. Zwischen Genusus und Apsus liegt heute eine Flachwasserlagune, die vom offenen Meer nur durch eine schmale Düne getrennt ist, die Lagune von Karavasta. Hier irgendwo wird es wohl gewesen sein, daß Caesar und Pompeius ihre Lager errichteten. Hapso gestare carinas heißt es da (463f), causa palus, leni quam fallens egerit unda. egerit nicht von ago, das ergäbe von der Form (Fut. II oder Konj. Perf) keinen Sinn, sondern von e-gero "herausführen, -tragen, -treiben": "Daß der Apsus Schiffe tragen kann, liegt an dem See, den er mit unmerklicher Strömung hinausführt" Sollte das die Vorform der heutigen Lagune gewesen sein? Um diese Frage zu beantworten, müßte man wissen, wie solche Lagunen sich bilden; wie schnell sie verlanden; wie der Tiefgang der römischen Kriegsschiffe im ersten vorchristlichen Jahrhundert war, und ob solche Schiffe in die Lagune mit ihrer damaligen Tiefe hätten einfahren können.


Passend zu meiner aktuellen Lektüre von Against the Grain heute einen Podcast über die Himmelsscheibe von Nebra gehört (eine Folge der überaus hörenswerten Reihe Das Universum von Florian Freistetter und Ruth Grützbauch). Darin weist der Wissenschaftsjournalist Kai Michel, Co-Autor des Buchs Die Himmelsscheibe von Nebra. Der Schlüssel zu einer untergegangenen Kultur im Herzen Europas (Kai Michel und Harald Meller 2018) darauf hin, daß ein Objekt wie die Himmelsscheibe Herrschaft legitimierte, und daß Kalenderwissen Herrschaftswissen war. Das schließt unmittelbar an Scotts interessante Ideen zur frühen Staatenbildung an, daß nämlich Staaten nur dort entstehen konnten, wo Getreide, wegen der Eigenschaft der einzelnen Pflanzen, gleichzeitig in einem sehr kurzen Zeitfenster zur Reife zu kommen, als kontrollierbares, einem Abgaben- Erhebungs-, Eintreibungs- und Buchhaltungssystem unterwerfbares Produkt zur Verfügung stand. Wer nun den Kalender kontrollierte, kontrollierte das Getreide und die, die es anbauten.