Rede des Pompeius vor dem Heer
Die Rede des Pompeius vor seinen Soldaten ist eine seltsame Mischung aus wishful thinking und weinerlichen Appellen: "Meine lieben Freunde, laßt nicht zu, daß der arme Magnus auf seine alten Tage noch das Dienen lernen muß", doch die maesta vox tut ihre Wirkung, und es hebt sich der Mut der Soldaten, erigitur virtus Romana.
"Die bessere Sache befiehlt uns zu hoffen, daß die Götter uns gewogen sind."
Das ist der Grund, an den Sieg zu glauben -- daß man die bessere Sache vertritt. (Die Götter können doch nicht zulassen, daß ...) Doch, können sie. Wohl ist Pompeius (und mit ihm die Erzählstimme) überzeugt, daß seine die gerechte Sache ist, doch an den Sieg, weiß der Leser längst, glaubt er selbst nicht mehr. Aber das kann er seinen Soldaten schlecht sagen, außerdem haben die ihn ja selbst zur Schlacht gedrängt. Also sagt er, was er sagen zu dürfen glaubt:
"Sie (die Götter) werden eigenhändig die Geschosse durch Caesars Eingeweide lenken."
Die Götter wollen das Römische Gesetz mit dem Blut Caesars heiligen; wenn sie planen würden, Caesar die Herrschaft zu schenken, hätten sie Pompeius schon längst aus dem Weg geräumt; es wäre untypisch für erzürnte Götter, Pompeius den Völkern und der Stadt Rom so lange zu erhalten, um ihn jetzt zu vernichten. Das sind die metaphysischen Gründe für Siegesgewißheit. Bodenständiger ist da Pompeius' Verweis darauf, man habe schließlich alles, was zum Sieg erforderlich sei, zusammengekratzt. Pompeius vergleicht die Situation mit früheren Auseinandersetzungen: "Die Curier, Camillus, die Decier, hier stünden sie an unserer Seite, wenn das Schicksal sie unserer Zeit zurückbrächte." Er zählt auf: unzählige Städte, so viele wie in keinem anderen Krieg, so viele Männer wie unterm Himmel von Nord nach Süd sind, stehen bereit; die ganze Welt haben sie aufgeboten: Caesar kommt dagegen nicht an. Dann eine Beschwörung: Stellt euch vor, eure Mütter würden von den Zinnen Roms aus zuschauen; stellt euch vor, die greisen Senatoren würden sich euch zu Füßen werfen, ganz Rom würde erscheinen, eine ganze Stadt, die den Tyrannen fürchtet. Was wird Pompeius sein, wenn sie nicht siegen? Ein Exilant, der Spott seines Schwiegervaters, eine Schande für sie, die ihm in diesem Moment zuhören, die Soldaten, "das wollt ihr doch nicht, oder?" Unsere Sache ist die gerechte, wir sind zahlenmäßig überlegen, ihr wollt eurem Pompeius doch keine Schande machen -- überzeugend ist das nicht gerade; doch die Soldaten, behauptet der Erzähler, lassen sich davon tatsächlich den Mut aufrichten.
Vocabularium
529 in caput "kopfüber" 547 fortuna haesit "blieb stecken", "wurde aufgehalten" 555 pereant lacrimae "sollen vergeblich sein"
Neues vom Konjunktiv
352f:
"Wenn die Götter vorhätten, meinem Schwiegervater (=Caesar) Welt und Herrschaft zu geben, dann hätten sie mein Alter durch den Tod verkürzen können." (d.h. Sie hätte mich nicht am Leben gelassen, nur um mich jetzt untergehen zu lassen.)
Konjunktiv im si-Satz, Indikativ Perfekt des Modalverbs im Hauptsatz.