Ovid, Fasti I 276-282
"'Aber warum bist du im Frieden verborgen und wirst bei Mobilmachung aufgeschlossen?' -- Unverzüglich erhielt ich Antwort: 'Damit das Tor ohne Riegel offensteht für die Heimkehr des Volks, wenn es zum Krieg aufgebrochen ist. Im Frieden versperre ich die Türflügel, damit er nicht irgendwohin entweichen kann; nach Caesars Willen werde ich lange Zeit verschlossen bleiben.'" -- Die Vorstellung vom Frieden als einem flüchtigen Ding, das man einsperren muß, damit es nicht abhaut -- auf so eine Idee hat wohl nur ein derart militaristisches Volk wie das der Römer kommen können.
Ianus, ein alter italischer Gott, dargestellt mit zwei Gesichtern, eins nach vorne, eins nach hinten blickend (Vergangenheit und Zukunft?) ist der Schutzherr aller Anfänge, Türen, Ein- und Durchgänge und des Monats Januar, der von ihm auch seinen Namen hat. In den Fasti läßt Ovid den Gott selbst auftreten; passenderweise gehört der Beginn des Beginns, die Einführung in den ersten Monat des Festkalenders dem Gott allen Beginnens. Ianus erscheint (lucidior visa est quam fuit ante domus "heller als vorher wurde das Haus") dem Dichter, während der über seinen Schreibtäfelchen grübelt (haec ego cum sumptis agitarem mente tabellis "Als ich diese Fragen vor meinem Schreibtäfelchen erwog"), und beantwortet in der Folge allerlei Fragen ("warum reicht man am 1. Januar Datteln und Honig unter einem schneeweißen Krug?") zu dem um ihn selbst entstandenen Brauchtum ("damit der Geschmack der Sache folge und das Jahr in seinem Lauf süß werde"). (Kurios, wenn ein Gott einem Menschen erklärt, warum er so und nicht anders verehrt wird. Aber naja, der Gott wird's wohl wissen.)
I 178 omina principiis, inquit, inesse solent. -- Das hat Ovid doch von Herrmann Hesse geklaut!