Fünf Uhr früh, im Fenster dümpelt ein krummer Mond, wie eine eingedrückte gelbe Pflaume. Schlaftrunkener Himmel, feuchtes Grau. Eine Stunde fehlt der Nacht. Die Lider sind schwer in der Wärme, sie schwimmen wie schmutzige Plastikplanen auf der Oberfläche des Wachseins, darunter wartet der Schlaf. Das Wasser kocht, das Radio zirpt, der Mond trieft von Dunst.
Kaffee, Nachrichten, eine Mail schreiben, rein in die Laufschuhe und los. Anders als die letzten Nächte hat es nicht abgekühlt, die Luft ist glatt und weich und ohne Konturen. Duftlos: Steingärten und Asphalt geben keinen Geruch von sich. Erst an den Wiesen am Villehang belebt sich die Luft, formt sich zu einem Körper, atmet auf mit Bäumen und Schatten und Spinnweben. Lungenflügel aus sattem Licht weiten sich über den Zäunen.
Überall jetzt die Übernachtungsplätze, die stummen Winkel, das Grün von Geheimnissen, wie Küsten leuchtet es schwach jenseits der schattenspendenden Kronen. Stehenbleiben in einem Gefunkel hunderter Mücken. Die Mücken saugen, und Wasser, lassen.
Man erkennt die Hochstände nicht mehr leicht im dichten Laub. Sie sind immer schon da, wenn man aufblickt, haben den Herankommenden immer zuerst gesehen. Vielleicht treffen sie sich nachts auf einer mondbeschienenen Wiese und tuscheln miteinander. Am Morgengrauen nehmen sie dann ihre Plätze wieder ein.
Aus gegebenem Anlaß denke ich über Impfungen und das Immunsystem nach. Später werde ich in der Straßenbahn am Oberarm einer Gegenübersitzenden genau so ein Pflästerchen entdecken, wie ich selber gestern trug. Vielleicht haben wir denselben Arbeitgeber. „Keine besondere Schonung erforderlich“, das gefällt mir.
Es mangelt nicht an Disziplin, es mangelt an einem Plan. Meine Disziplin arbeitet im Leerlauf.
Melone, Kartoffelchips, Tee und Schokolade zum Frühstück.